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Der Gewaltkonflikt in Kolumbien
im Spannungsfeld der Erinnerungskulturen»Die Erinnerung ist ein Kampffeld, auf dem sich entscheidet, welche Sichtweise der Vergangenheit vorherrschen soll, in Funktion einer Zukunft, zu der man gelangen will. Aber die Erinnerung wird unter asymmetrischen Bedingungen konstruiert. Das heißt, nicht alle Erinnerungen haben unter gleichen Bedingungen Zugang zur politischen Szene. Indigene und Bauern sind nicht in gleichwertigen Positionen wie die Eliten. Die Opfer verfügen nicht über die gleichen Mittel, ihre Wahrheit zu sagen, wie die Täter.« (Gonzalo Sanchez et al.: Trujillo una tragedia que no cesa. Primer Informe de Memoria Histórica de la Comisión Nacional de Reparación y Reconciliación, Bogotá 2008: 25) Die Aufarbeitung der konfliktreichen Vergangenheit in Kolumbien ist zentraler Teil eines komplexen Transformationsprozesses, in…
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»Reichstagsbrand« in Bogotá?
Die dramatische — selbst aus dem Weltraum wohl lesbare — auf eine Mauer in Medellin gemalte Botschaft »Nos estan matando« (»Sie bringen uns um«) ist ein verzweifelter Hilferuf und hat die Weltöffentlichkeit — zumindest diejenige, die die Ereignisse in Kolumbien beobachtet — aufgeschreckt. Und in der Tat könnte einiges darauf hindeuten, dass wir gegenwärtig Zeugen des Beginns einer von rechtsradikalen Kreisen initiierten Hexenjagd sind, die auf linke und links-liberale Kräfte, auf Umwelt- und Menschenrechtsaktivisten, auf Unterstützer des Friedensabkommens von 2016 sowie auf Angehörige von Minderheiten wie bespielsweise der LGTBI zielt. Was ist geschehen? Nach der Tötung eines Rechtsanwaltes im Polizeigewahrsam hatte es massive Proteste in Bogotá gegen Polizeigewalt gegeben. Es kam…
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Jenseits der Pandemie leidet Chocó
Aus dem Chocó kommen erneut schlimme Nachrichten. Über Ursula Holzpafel und Ulrich Kolwitz, die seit über dreißig Jahren zusammen mit der Diözese in Quibdó in der »Comisión Diocesana Vida, Justicia y Paz« in der Menschenrechtsarbeit aktiv sind und mit denen wir von WISSENSKULTUREN seit vielen Jahren eng verbunden sind, erreicht uns ein besorgniserregender Bericht. In einem gemeinsamen Aufruf von afrokolumbianischen und indigenen Organisationen, des »Consejo Comunitario Mayor de la Asociación Campesina Integral del Atrato – COCOMACIA«, dem »Mesa Indígena del Chocó«, dem »Foro Interétnico Solidaridad Chocó«, dem »Red Departamental de Mujeres Chocoanas« und dem »Mesa Territorial de Garantías Chocó« wird auf die alarmierende Zunahme der Verletzung der individuellen und kollektiven…
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Frieden in den Zeiten des Coronavirus?
Wir hatten Glück mit unserer Rückreise nach Deutschland Mitte März, dass wir trotz mehrfacher Verschiebung des Fluges (aber aus anderen Gründen als der der Pandemie) zwei Plätze in der Air France Maschine nach Paris erhalten hatten. Die Corona Krise war noch nicht richtig in Kolumbien angekommen, aber alles was man aus Asien und Europa hörte, konnte einen nicht optimistisch machen. Sollte es tatsächlich zu einem Shutdown der Wirtschaft kommen? Angesichts der unzähligen Straßenverkäufer in kolumbiens Städten eigentlich undenkbar. Wovon sollten sie leben? Groß angelegte Unterstützungprogramme, so wie in Deutschland, konnte ich mir in Kolumbien nicht vorstellen, insbesondere nicht für den sogenannten »informellen Sektor, in dem ein Großteil der Bevölkerung sich…
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Zu den Ereignissen des 21. November
Wer Kolumbien kennt, weiß, dass es kaum ein anderes Land gibt, das eine größere Diversität in jeglicher Hinsicht zu bieten hat. Klimatisch, geografisch, biologisch, ethnisch, kulturell, musikalisch und vieles mehr. Der 21. November 2019, der Tag des Generalstreiks, war ein Tag, an dem diese Diversität in einer anderen Hinsicht deutlich wurde: An einunddemselben Tag konnten wir viele Kolumbien gleichzeitig sehen. Ein Kolumbien mit einer eindrucksvollen, würdevollen, ausgesprochen friedlichen und augelassenen Manifestation für die sozialen und politischen Rechte der Bevölkerung, mit einer klaren Oppositionsansage gegenüber der Regierung. »Una fiesta politica« wie einige der teilnehmenen Politiker, Journalisten, Künstler in Interviews während der Manifestation sagten. Dann aber sahen wir auch massive staatliche Repression,…
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Des Präsidenten neue Schuhe
Das hatten sich die Ex-FARC-Guerilleros listig ausgedacht. Es war ja zu erwarten, dass Iván Duque irgendwann zu einer solchen Good-Will-Show-Tour aufbrechen wird, die ihn in ein oder mehrere der »Espacios Territoriales de Capacitación y Reincorporación« führen wird, um die weltweit aufgekommenen Zweifel an seiner Friedensbereitschaft zu zerstreuen. Wie die kolumbianische Tagezeitung »El Tiempo» am 16. März berichtete, besuchte er nun in der Nähe von Valledupar, im Departament Cesar, eine solche ETCR und sprach dort mit über 100 ehemaligen FARC-Kämpfern. In einer dort in den letzten Monaten entstandenen Schuhmacher-Werkstatt verkauften ihn die Ex-FARC-Guerrilleros dann doch tatsächlich für gerade mal 140.000 COP (das sind ca. € 40,–) ein paar brandneue FARC-Wanderstiefel. Keine…
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Menschenrechte: deprimierender Bericht der UNHCR
Unsere Ankunft in Bogotá wurde nicht nur überschattet von der sich immer weiter zuspitzenden Krise in Venezuela sondern auch durch deprimierende Zahlen über die Menschenrechtssituation in Kolumbien, die allen Erwartungen, die der 2016 eingeleitete Friedensprozess ausgelöst hatte, Hohn sprechen. Wie der Vetreter des Roten Kreuzes in Kolumbien, Christoph Harnisch, in einem Interview mit der Zeitung »El Tiempo« bekanntgab, hat sich die Konfliktsituation in einigen Regionen im Jahr 2018 nicht nur nicht verbessert, sondern sogar verschärft. Vertreibungen, Bedrohungen, Verschleppungen und Ermordungen haben Im Jahr 2018 wieder dramatisch zugenommen. So gab es beispielweise einen sprunghaften Anstieg der Vertreibungen von 13.809 im Jahr 2017 auf 27.780 im Jahr 2018. Das ist die höchste…
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Ein gespaltenes Land
»Un Pais Dividida« titelt die kolumbianische Wochenzeitung »Semana« in ihrer neuesten Ausgabe. Es geht um die Unruhe, die hier entbrannt ist wegen der umstrittenen Entscheidung des Präsidenten, dem vom Kongress verabschiedeten »Ley Estatutaria de la JEP« seine Zustimmung zu verweigern. Die Opposition reagierte zwar scharf, aber dennoch scheint es eine Spaltung zu geben, die durch alle Parteien geht. Aus den Reihen der Konsvervativen, die ja Duque unterstützt haben und die Vizepräsidentin stellen, gab es kritische Stimmen, während aus der »Partido de U«, also die Partei, der Santos angehört, Verständnis zu hören war. Interessant ist die Auseinandersetzung zwischen dem »Fiscal« (Generalstaatsanwalt) Nestor Humberto Martínez einerseits, der schon immer zu den Kritikern…
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Verwirrspiel um JEP
Der kolumbianische Präsident Iván Duque hat wahrgemacht, was er angekündigt hatte: Das von beiden Kammern des Kongresses verabschiedete »Ley Estatutaria de la JEP«, also dasjenige Gesetz, welches der im Friedensvertrag von Havana vereinbarten Sonderjustiz für den Frieden (»Justicia Especial par la Paz«) die erfordeliche verfassungsgemäße Basis verleihen sollte, wurde von ihm nicht unterschrieben sondern an den Kongress zurückverwiesen. Er hat sechs Einspüche gegen das Gesetz geltend gemacht und damit eine ernstzunehmende Krise um die Umsetzung des Vertrages von Havanna, des »Acuedro Final para la Terminación del Conflicto y la Construcción de una Paz Estable y Duradera«, ausgelöst, die mittlweile auch die UNO und den Internationalen Gerichtshof in Den Haag auf…
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Die Frage der Gewalt
Wer nach Kolumbien reist oder dort wohnt muss damit leben, ständig einem Wechselbad der Gefühle ausgesetzt zu sein. Während uns einerseits die atemberaubende Schönheit des Landes und die Liebenswürdigkeit seiner Bewohner, die Vielfalt der Natur, der Ethnien und der Kulturen fasziniert, werden wir gleichzeitig Zeugen von Menschenrechtsverletzungen und sozialer Gewalt, die nicht nur die Besucher aus Europa oft in tiefer Bestürzung zurück lassen. Seit fast einem halben Jahrhundert bereise ich dieses Land, und seit einigen Jahren leben Constanza und ich zeitweise in Bogotá. Ohne jeden Zweifel habe ich dieses Land lieben gelernt. Aber diese eigentümliche Widersprüchlichkeit zwischen Liebe und Gewalt gibt mir bis heute Rätsel auf. Und das, obwohl die…