Gewalt

  • Friedensprozess,  Gesellschaft,  Gewalt

    »Paz Total« in der Krise

    Eines der wich­tigs­ten Zie­le der Regie­rung Petro, die Her­stel­lung eines umfas­sen­den Frie­dens (»paz total«), der die nach dem mit der ehe­ma­li­gen FARC-EP geschlos­se­nen Frie­dens­ver­trag von 2016 noch ver­blie­ben­en­den Gue­ril­la­grup­pen umfas­sen soll, scheint in der letz­ten Woche ernst­haft in Gefahr gera­ten zu sein. Grund ist ein ein gewalt­sa­mer Angriff der aus der FARC her­vor­ge­gan­ge­nen Dis­si­den­ten­grup­pe »Estado Mayor Cen­tral (EMC)« auf eine indi­ge­ne Gemein­de in der nörd­li­chen Cau­ca-Regi­on. Bei dem Angriff wur­de Major Car­me­lina Yule Paví, eine pro­mi­nen­te indi­ge­ne Anfüh­re­rin und Men­schen­rechts­ver­tei­di­ge­rin getö­tet. Der Angriff, bei dem auch zwei wei­te­re Mit­glie­der der indi­ge­nen Gemein­schaft, Rodri­go UI Musi­cue und Édgar Tumi­ña­se, ver­letzt wur­den, ereig­ne­te sich nur einen Tag vor Beginn eines geplan­ten Tref­fens…

  • Friedensprozess,  Gesellschaft,  Gewalt

    Paro Nacional: Schusswaffen gegen Demonstranten

    »Unter­stüt­zen wir das Recht der Sol­da­ten und Poli­zei, ihre Waf­fen zu benut­zen, um ihre Inte­gri­tät zu ver­tei­di­gen und um Men­schen und Eigen­tum zu schüt­zen …«. Mit die­sem Tweet — der mitt­ler­wei­le gelöscht wur­de — hat Alva­ro Uri­be, Exprä­si­dent und ultra­rech­ter Scharf­ma­cher des »Cen­tro Demo­cra­ti­co« gehö­rig Öl in die Flam­men deŕ Aus­ein­an­der­set­zun­gen um den natio­na­len Streik vom Mitt­woch ver­gan­ge­ner Woche, dem 28. April 2021, gegos­sen. Und die­se Flam­men loder­ten hoch. Am 28. April sind Tau­sen­de von Kolum­bia­nern in allen Städ­ten des Lan­des auf die Stra­ße gegan­gen, um gegen eine von der Regie­rung Duque geplan­te Steu­er­re­form zu pro­tes­tie­ren. Eine Steu­er­re­form, die vor allem die­je­ni­gen Berei­che betrifft, denen sich — wie die Mehr­wert­steu­er auf…

  • Erinnerungskultur,  Friedensprozess,  Gewalt

    Der Gewaltkonflikt in Kolumbien
    im Spannungsfeld der Erinnerungskulturen

    »Die Erin­ne­rung ist ein Kampf­feld, auf dem sich ent­schei­det, wel­che Sicht­wei­se der Ver­gan­gen­heit vor­herr­schen soll, in Funk­ti­on einer Zukunft, zu der man gelan­gen will. Aber die Erin­ne­rung wird unter asym­me­tri­schen Bedin­gun­gen kon­stru­iert. Das heißt, nicht alle Erin­ne­run­gen haben unter glei­chen Bedin­gun­gen Zugang zur poli­ti­schen Sze­ne. Indi­ge­ne und Bau­ern sind nicht in gleich­wer­ti­gen Posi­tio­nen wie die Eli­ten. Die Opfer ver­fü­gen nicht über die glei­chen Mit­tel, ihre Wahr­heit zu sagen, wie die Täter.« (Gon­za­lo San­chez et al.: Tru­ji­l­lo una tra­ge­dia que no cesa. Pri­mer Infor­me de Memo­ria His­tóri­ca de la Comi­sión Nacio­nal de Repa­ra­ción y Recon­ci­li­a­ción, Bogo­tá 2008: 25) Die Auf­ar­bei­tung der kon­flikt­rei­chen Ver­gan­gen­heit in Kolum­bi­en ist zen­tra­ler Teil eines kom­ple­xen Trans­for­ma­ti­ons­pro­zes­ses, in…

  • Gesellschaft,  Gewalt

    Basta Ya! Proteste gegen die Tötungen in Kolumbien

    Eine Rei­he von Mas­sa­kern, vor allem an jugend­li­chen Kolum­bia­nern, hat in den ver­gan­ge­nen Tagen die Öffent­lich­keit nicht nur in Kolum­bi­en scho­ckiert und alar­miert. Zusam­men mit den in die­sem Jahr ermor­de­ten Men­schen­rechts- und Umwelt-Akti­vis­ten hat das Land bereits über 200 Opfer geziel­ter Tötun­gen zu beklagen. Als Mani­fes­ta­ti­on der Trau­er und des Pro­tes­tes, und um zu demons­trie­ren, dass die inter­na­tio­na­le Zivil­ge­sell­schaft die Vor­komm­nis­se in Kolum­bi­en sehr sorg­fäl­tig und mit gro­ßer Sor­ge beob­ach­tet, fan­den am Frei­tag und am Sams­tag letz­ter Woche in meh­re­ren Städ­ten Deutsch­lands Soli­da­ri­täts­ak­tio­nen statt. In Ber­lin und in Frank­furt vor der kolum­bia­ni­schen Bot­schaft bzw. dem Kon­su­lat, in Bonn auf dem Platz der Ver­ein­ten Natio­nen vor dem UN-Gebäude.  Im Zen­trum der Akti­on in…

  • Gewalt,  Landschaften und Orte

    Jenseits der Pandemie leidet Chocó

    Aus dem Chocó kom­men erneut schlim­me Nach­rich­ten. Über Ursu­la Holz­pa­fel und Ulrich Kol­witz, die seit über drei­ßig Jah­ren zusam­men mit der Diö­ze­se in Quib­dó in der »Comi­sión Dio­ce­sa­na Vida, Jus­ti­cia y Paz« in der Men­schen­rechts­ar­beit aktiv sind und mit denen wir von WISSENSKULTUREN seit vie­len Jah­ren eng ver­bun­den sind, erreicht uns ein besorg­nis­er­re­gen­der Bericht. In einem gemein­sa­men Auf­ruf von afro­ko­lum­bia­ni­schen und indi­ge­nen Orga­ni­sa­tio­nen, des »Con­se­jo Comu­ni­ta­rio Mayor de la Aso­cia­ción Cam­pe­si­na Inte­gral del Atra­to – COCOMACIA«, dem »Mesa Indí­ge­na del Chocó«, dem »Foro Inte­rét­ni­co Soli­da­ri­dad Chocó«, dem »Red Depart­a­men­tal de Muje­res Cho­co­a­nas« und dem »Mesa Ter­ri­to­ri­al de Garan­tí­as Chocó« wird auf die alar­mie­ren­de Zunah­me der Ver­let­zung der indi­vi­du­el­len und kol­lek­ti­ven…

  • Gewalt,  Landschaften und Orte

    Alarmierende Lage am Amazonas

    »Die Situa­ti­on im Ama­zo­nas­ge­biet und sei­ner Haupt­stadt Leti­cia (mit ca. vier­zig­tau­send Ein­woh­nern, meist indi­ge­nen Ursprungs) ist alar­mie­rend« schreibt die kolum­bia­ni­sche Wochen­zeit­schrift »Sema­na« in ihrer neu­es­ten Aus­ga­be vom 10. Mai 2020. In weni­ger als einem Monat hat es eine vier­fa­che Stei­ge­rung der Infek­tio­nen mit COVID-19 gege­ben und ist damit eine der höchs­ten in ganz Kolum­bi­en, höher als in der 10 Mil­lio­nen-Metro­po­le Bogo­tá. Wie ist das mög­lich in einem so abge­le­ge­nen und schwer zugäng­li­chen Gebiet, das auf dem Land­weg über­haupt nicht zu errei­chen ist, son­dern nur mit dem Flug­zeug oder auf dem Was­ser? Fach­leu­te — so SEMANA — ver­wei­sen auf die Nähe zur bra­si­lia­ni­schen Grenz­stadt Taba­tin­ga (fünf­zig­tau­send Ein­woh­ner), die eben­so wie Mana­os…

  • Friedensprozess,  Gewalt

    Frieden in den Zeiten des Coronavirus?

    Wir hat­ten Glück mit unse­rer Rück­rei­se nach Deutsch­land Mit­te März, dass wir trotz mehr­fa­cher Ver­schie­bung des Flu­ges (aber aus ande­ren Grün­den als der der Pan­de­mie) zwei Plät­ze in der Air France Maschi­ne nach Paris erhal­ten hat­ten. Die Coro­na Kri­se war noch nicht rich­tig in Kolum­bi­en ange­kom­men, aber alles was man aus Asi­en und Euro­pa hör­te, konn­te einen nicht opti­mis­tisch machen. Soll­te es tat­säch­lich zu einem Shut­down der Wirt­schaft kom­men? Ange­sichts der unzäh­li­gen Stra­ßen­ver­käu­fer in kolum­bi­ens Städ­ten eigent­lich undenk­bar. Wovon soll­ten sie leben? Groß ange­leg­te Unter­stüt­zung­pro­gram­me, so wie in Deutsch­land, konn­te ich mir in Kolum­bi­en nicht vor­stel­len, ins­be­son­de­re nicht für den soge­nann­ten »infor­mel­len Sek­tor, in dem ein Groß­teil der Bevöl­ke­rung sich…

  • Gesellschaft,  Gewalt

    Zu den Ereignissen des 21. November

    Wer Kolum­bi­en kennt, weiß, dass es kaum ein ande­res Land gibt, das eine grö­ße­re Diver­si­tät in jeg­li­cher Hin­sicht zu bie­ten hat. Kli­ma­tisch, geo­gra­fisch, bio­lo­gisch, eth­nisch, kul­tu­rell, musi­ka­lisch und vie­les mehr. Der 21. Novem­ber 2019, der Tag des Gene­ral­streiks, war ein Tag, an dem die­se Diver­si­tät in einer ande­ren Hin­sicht deut­lich wur­de: An ein­und­dem­sel­ben Tag konn­ten wir vie­le Kolum­bi­en gleich­zei­tig sehen. Ein Kolum­bi­en mit einer ein­drucks­vol­len, wür­de­vol­len, aus­ge­spro­chen fried­li­chen und augelas­se­nen Mani­fes­ta­ti­on für die sozia­len und poli­ti­schen Rech­te der Bevöl­ke­rung, mit einer kla­ren Oppo­si­ti­ons­an­sa­ge gegen­über der Regie­rung. »Una fies­ta poli­ti­ca« wie eini­ge der teil­neh­me­nen Poli­ti­ker, Jour­na­lis­ten, Künst­ler in Inter­views wäh­rend der Mani­fes­ta­ti­on sagten.  Dann aber sahen wir auch mas­si­ve staat­li­che Repres­si­on,…

  • Friedensprozess,  Gewalt

    Indigene klagen über Genozid in Kolumbien

    Die Dach­or­ga­ni­sa­ti­on der indi­ge­nen Völ­ker Kolum­bi­ens (Orga­ni­za­ción Nacio­nal Indí­ge­na de Colom­bia, ONIC ) hat in einem dra­ma­ti­schen Auf­ruf der kolum­bia­ni­schen Regie­rung vor­ge­wor­fen, taten­los der zuneh­men­den ras­sis­ti­schen Ver­fol­gung der Indi­ge­nen im Lan­de zuzu­se­hen. Seit der Unter­schrift des Frie­dens­ver­tra­ges von Havan­na 2016 habe es 37.533 gewalt­sa­me Zwi­schen­fäl­le gegen die indi­ge­nen Völ­ker gege­ben. 158 Indi­ge­ne sei­en in die­ser Zeit ermor­det wor­den, davon 97 wäh­rend der Prä­si­dent­schaft des aktu­el­len Prä­si­den­ten Iván Duque.  Der Frie­den — so die ONIC sei in den indi­ge­nen Ter­ri­to­ri­en nicht ange­kom­men, statt­des­sen gesche­he vor den Augen der Welt­öf­fent­lich­keit ein »sys­te­ma­ti­scher Geno­zid«. 70 der 102 indi­ge­nen Eth­ni­en sei­en in dem süd­ame­ri­ka­ni­schen Land akut von der phy­si­schen und kul­tu­rel­len Aus­lö­schung bedroht.  Die Indi­ge­nen…

  • Friedensprozess,  Gesellschaft,  Gewalt

    Der Frieden ist nicht tot!

    Eini­ge Medi­en in Deutsch­land — aber auch in Kolum­bi­en — ver­mit­teln den Ein­druck, dass die FARC den bewaff­ne­ten Kampf wie­der auf­ge­nom­men hat und das Frie­dens­ab­kom­men damit prak­tisch tot sei. (so z.B. ND vom 29.8.2019 oder Ame­ri­ca-21 . Die­sem Ein­druck muss ganz klar wider­spro­chen wer­den. Es ist eine klei­ne Grup­pe von Dis­si­den­ten, die den bewaff­ne­ten Kampf wie­der auf­ge­nom­men hat, aber die FARC als poli­ti­sche Par­tei und mit ihr die über­wie­gen­den Mehr­heit aller Ex-Gue­ril­le­ros ste­hen zum Friedensprozess. Aller­dings, und das ist das Trau­ri­ge, sind unter den Dis­si­den­ten drei hoch­ran­gi­ge ehe­ma­li­ge Kom­man­dan­ten der FARC-EP. Unter ihnen sogar der Ver­hand­lungs­füh­rer bei den Frie­dens­ge­sprä­chen von Havan­na Iván Már­quez. Das macht die Sache außer­or­dent­lich kom­pli­ziert. Und…