Kuba

Dass in einem “kolum­bia­ni­schen Tage­buch” ein Arti­kel über Kuba erscheint, ist sicher­lich erklä­rungs­be­dürf­tig. Und ganz beson­ders, wenn die­ser Bei­trag bereits fast fünf Jah­re alt ist. Der Grund liegt dar­in, dass mit Kuba ein latein­ame­ri­ka­ni­sches Land vor über 50 Jah­ren einen voll­kom­men ande­ren Weg ein­ge­schla­gen hat als Kolum­bi­en. Vie­le der Pro­ble­me waren in den 60er Jah­ren des vori­gen Jahr­hun­derts ver­gleich­bar, wes­halb jemand, der die kolum­bia­ni­sche Ent­wick­lung seit nun­mehr über 30 Jah­ren beob­ach­tet, der Ver­su­chung kaum wider­ste­hen kann, den Blick immer mal wie­der “nach drü­ben” zu rich­ten. Aber es war nicht das pri­mä­re Motiv für die­sen Text, einen Ver­gleich zu zie­hen, son­dern vor allem einen sehr per­sön­li­chen Erfah­rungs­be­richt über eine Rei­se durch Kuba zu ver­fas­sen, die uns zunächst an die “Escue­la Inter­na­cio­nal de Cine y Tele­vi­si­on” (EICTV) in San Anto­nio de los Baños führ­te, wo sich zu die­ser Zeit unser Sohn, Simon Paet­au, als Aus­tausch­stu­dent der Köl­ner “Kunst­hoch­schu­le für Medi­en” (KHM) auf­hielt. Vie­les der hier vor­lie­gen­den Aus­füh­run­gen hat sicher­lich sei­ne aktu­el­le Gül­tig­keit ein­ge­büßt. Aber unver­än­dert ist der Ver­such Kubas, einen gesell­schafts­struk­tu­rel­len Wan­del durch­zu­füh­ren, ohne sei­ne sozia­lis­ti­sche Iden­ti­tät auf­ge­ben zu müs­sen. Hier­für gibt es kei­ne Blau­pau­se. Das gegen­wär­ti­ge Kuba ist ein rie­si­ges Expe­ri­men­tier­feld. Vie­les stellt sich nach ers­ten Erfah­run­gen als unge­eig­net her­aus, wird geän­dert, neue Ideen wer­den ver­sucht umzu­set­zen und müs­sen manch­mal erneut revi­diert wer­den. Das kann nur gelin­gen, wenn man den in der kom­mu­nis­ti­schen Theo­rie lan­ge Zeit ver­wur­zel­ten Wahr­heits­an­spruch der Par­tei über­win­det und die Poli­tik öff­net für eine Beob­ach­tung zwei­ter Ord­nung, die bereit ist, plu­ra­le Sicht­wei­sen als Reso­nanz­bo­den für gesell­schaft­li­che Ent­wick­lun­gen anzu­se­hen. Ohne sie kann eine zukunfts­ori­en­tier­te Poli­tik nicht aus­kom­men. Und eine sol­che Plu­ra­li­tät der Sicht­wei­sen kann nur dann in einen frucht­ba­ren poli­ti­schen Wett­streit füh­ren, wenn die Basis für die­se Dif­fe­ren­zen trans­pa­rent für jeden ist, der sie ver­ste­hen will. Die Aus­füh­run­gen auf den fol­gen­den Sei­ten beru­hen aus­schließ­lich auf per­sön­li­chen Beob­ach­tun­gen und erhe­ben kei­ner­lei Anspruch auf all­ge­mei­ne Gül­tig­keit. In Gesprä­chen mit Kuba­rei­sen­den wird man immer wie­der mit dem Phä­no­men kon­fron­tiert, dass die Welt von der erzählt wird, eine Welt ist, die der Beob­ach­ter durch die Art wie er beob­ach­tet, erzeugt. Durch die Unter­schei­dungs­merk­ma­le, die er für rele­vant hält und die er beim Beob­ach­ten benutzt, durch sei­ne Wert­vor­stel­lun­gen und sei­ne grund­le­gen­den welt­an­schau­li­chen Vor­ein­stel­lun­gen. Kuba­rei­sen­de, denen sozia­lis­ti­sches Gedan­ken­gut fremd ist oder das sie ableh­nungs­wür­dig fin­den, erhal­ten zwei­fel­los auf Schritt und Tritt irgend­wel­che Bestä­ti­gun­gen für die­se ihre Ein­stel­lung. Rei­sen­de, die dies­be­züg­lich eine eher posi­ti­ve Grund­hal­tung mit­brin­gen und gar dem schwie­ri­gen Ver­such der kuba­ni­schen Revo­lu­ti­on, die für latein­ame­ri­ka­ni­sche Gesell­schaf­ten cha­rak­te­ris­ti­sche sozia­le Ungleich­heit zu über­win­den, Sym­pa­thien ent­ge­gen­brin­gen, wer­den emo­tio­nal durch­ge­schüt­telt zwi­schen bewun­dern­der Aner­ken­nung einer­seits und irri­tie­ren­den Ent­täu­schun­gen andererseits.

Zum Down­load: »Cuba — que lin­da es Cuba .…« Ein sehr per­sön­li­cher Rei­se­be­richt aus einem um sein Über­le­ben kämp­fen­den Land 

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