Landschaften und Orte
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Jenseits der Pandemie leidet Chocó
Aus dem Chocó kommen erneut schlimme Nachrichten. Über Ursula Holzpafel und Ulrich Kolwitz, die seit über dreißig Jahren zusammen mit der Diözese in Quibdó in der »Comisión Diocesana Vida, Justicia y Paz« in der Menschenrechtsarbeit aktiv sind und mit denen wir von WISSENSKULTUREN seit vielen Jahren eng verbunden sind, erreicht uns ein besorgniserregender Bericht. In einem gemeinsamen Aufruf von afrokolumbianischen und indigenen Organisationen, des »Consejo Comunitario Mayor de la Asociación Campesina Integral del Atrato – COCOMACIA«, dem »Mesa Indígena del Chocó«, dem »Foro Interétnico Solidaridad Chocó«, dem »Red Departamental de Mujeres Chocoanas« und dem »Mesa Territorial de Garantías Chocó« wird auf die alarmierende Zunahme der Verletzung der individuellen und kollektiven…
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Alarmierende Lage am Amazonas
»Die Situation im Amazonasgebiet und seiner Hauptstadt Leticia (mit ca. vierzigtausend Einwohnern, meist indigenen Ursprungs) ist alarmierend« schreibt die kolumbianische Wochenzeitschrift »Semana« in ihrer neuesten Ausgabe vom 10. Mai 2020. In weniger als einem Monat hat es eine vierfache Steigerung der Infektionen mit COVID-19 gegeben und ist damit eine der höchsten in ganz Kolumbien, höher als in der 10 Millionen-Metropole Bogotá. Wie ist das möglich in einem so abgelegenen und schwer zugänglichen Gebiet, das auf dem Landweg überhaupt nicht zu erreichen ist, sondern nur mit dem Flugzeug oder auf dem Wasser? Fachleute — so SEMANA — verweisen auf die Nähe zur brasilianischen Grenzstadt Tabatinga (fünfzigtausend Einwohner), die ebenso wie Manaos…
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Caño Cristales
Schon lange war es unser Wunsch, einmal den legendären Caño Cristales zu besuchen. Aber jahrzehntelang war es Rückzugs- und Einflussgebiet der Guerilla und auch Schauplatz erbitterter militärischer Auseinandersetzungen. Demzufolge war es lange Zeit eine Art touristischer No-Go-Area. Erst seit dem Friedensbakommen zwischen der Regierung und der FARC-Geurilla im Jahr 2016 ist es wieder möglich, gefahrlos hierher zu reisen. Aber nach wie vor ist die starke Militärpräsenz unübersehbar, wie sich bereits bei unserer Ankunft auf dem kleinen Flugplatz von »La Macarena« zeigt. Der Caño Cristales wird oft — und nicht nur von Kolumbianern — als der schönste Fluss der Welt angesehen. Wegen seiner Farbenvielfalt wird er als »Fünf-Farben-Fluss« oder auch als „Flüssiger…
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Medellin und seine “Comuna 13”
Die Medellin-Konferenz des RC-51 ist beendet. Für mich war es eine besondere Ehre, dass mein Vortrag vom Organisationskommittee der Konferenz als “Closing Presentation” festgelegt wurde. So hatte ich über eine Stunde Zeit, meine Sicht der Dinge über den kolumbianischen Friedensprozess darzulegen und es blieb auch noch ausreichend Zeit, um mit den Kolleginnen und Kollegen darüber zu diskutieren. Meine Sorge, dass die kolumbianischen Kollegen an der Legitimität eines solchen Vortrages zweifeln könnten, erwies sich im Nachhinein als vollkommen unbegründet. Die Diskussion war ausgesprochen solidarisch und konstruktiv. Michael Paetau während des Vortrages (Foto: Alexander Exquemelin, Wikipedia) Es war reiner Zufall aber die sich am Wochenende anschließende gemeinsame Stadterkundung sollte sich wie eine…
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Sociocybernetics in Medellin
Ich freue mich sehr auf unsere diesjährige Jahreskonferenz des Research-Committee “Sociocybernetics”, der “Internationl Sociological Association” (ISA-RC-51), die erstmals in Kolumbien stattfinden wird. Dank der intensiven Bemühungen unserer kolumbianischen Kollegen Luciano Gallon von der “Pontificia Universidad Bolivariana”, Medellin, seiner Ehefrau Gloria Lodoño und Gabriél Velez von der “Universidad de Antioquia”, Medellin, sowie tatkräftiger Unterstützung aller Mitglieder des internationalen Konferenz-Kommittees kann die Konferenz, wie geplant, vom 20. bis 24. Juni in Medellin stattfinden. Ich werde in dieser Zeit bereits in Kolumbien sein und habe insofern eine kurze Anreise. Die Konferenzen der Soziokybernetischen Community sind immer sehr aktive Konferenzen. Die Teilnahme ist nur möglich über die Einreichung eines Präsentationsvorschlags und seiner Akzeptanz durch…
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Feierliche Unterzeichnung in Cartagena
Heute war es soweit. Unter der Anwesenheit von UN-Generalsekretär Ban Ki Moon, und fast aller Staatschefs aus Lateinamerika, unter ihnen Raúl Castro (Cuba), Michelle Bachelet (Chile), Nicolás Maduro (Venezuela), Rafael Correa (Ecuador), Salvador Sáchez (El Salvador), Horacio Cartes (Paraguay), Enrique Peña Nieto (Mexico), Jimi Morales (Guatemala), Luis Guillermo Soli (Costa Rica), Pedro Pablo Kuczynski (Peru), Mauricio Macri (Argentinien), Juan Carlos Varela (Panama), Danilo Medina Sánchez (Dominikanische Republik), wurde das in Havanna vereinbarte Friedensdokument zwischen der Regierung Kolumbiens und der FARC-EP in einer feierlichen Zeremonie von Präsident Santos und Guerillaführer Rodrigo Londoño (aka: Timoleón Jiménez, aka: Timochenko) unterzeichnet. Die Unterzeichnung fand auf der großen “Plaza de Banderas” vor dem “Centro de…
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Quibdo
Seit einigen Tagen befinden wir, Constanza und ich, uns in Quibdo, der Hauptstadt des Departamentos Choco. Wir besuchen Ursula Holzapfel und Ulli Kollwitz. Mit beiden haben wir im Verein Wissenskulturen e.V. in den letzten Jahren mehrere Veranstaltungen zu Kolumbien insbesondere zur Situation im Choco, durchgeführt. Nun haben wir es endlich geschafft, der Einladung nach Quibdo folgen zu können. Constanza und ich waren vor vielen Jahren — es war in den 80er des vorigen Jahrhunderts — schon einmal für ein paar Tage in Quibdo und waren gespannt, was sich seit dieser Zeit verändert hat. Ich habe in Erinnerung, dass die Stadt aus einer Vielzahl von Holzhäusern bestand, die dem häufigen Regen…
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Getsemani
Gestern waren Constanza und ich nach längerer Zeit mal wieder in Getsemani, einem der vier Stadtviertel Cartagenas, die von der großen Verteidungsmauer umgeben ist, die die Spanier während ihrer Kolonalherrschaft hier zum Schutz gegen Piraten errichtet hatten. Getsemani ist insofern etwas Besonderes, als es noch immer eine Sozialstruktur besitzt, in der sich Tourismus und gewachsene Urbanität noch die Waage halten. Während in den beiden anderen innerhalb der ummauerten Stadt liegenden Barrios Santo Domingo (Centro) und San Diego nahezu alle kleinen Gemischtwarengeschäfte und Handwerker, die wir vor zehn Jahren dort noch vorgefunden hatten, verschwunden sind und an ihre Stelle Juwelierläden, Boutiquen, Souvenierläden und Luxusrestaurants getreten sind, macht Getsemani (noch) einen ganz…
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Medellin
Dass die Kolumbianer Frühaufsteher sind, habe ich mittlerweile realisiert. Die Ratio daran ist der enorme Verkehr. Will man nicht im Stau festsitzen, lohnt sich eine Stunde früher zur Arbeit zu fahren. Jetzt stelle ich aber fest, dass ich offensichtlich schon von diesem Frühaufsteher-Virus infiziert bin. Mein Hotel hier in Medellin, in dem ich während des XI Congreso Nacional de Sociologia wohne, liegt zwar recht hübsch am Parque Poblado, aber ab sechs Uhr morgens ist hier schon die Hölle los. Nur das Frühstück gibt es erst ab sieben. Und da es auf der Terasse eingenommen wird, und es bisher fast jeden morgen um 7 einen Regenschauer gegeben hat, wird daraus dann…
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Cartagena
Seit einigen Tagen sind Constanza und ich in Cartagena de Indias. Cartagena wird — nicht nur von den Kolumbianern — die “Perle der Karibik” genannt, und das ist diese Stadt in gewisser Hinsicht auch zweifellos. Die mit der seit Jahrhunderten existierenden Mauer umgebene Altstadt (sie ist seit 1984 samt den spanischen Verteidigungsanlagen aus dem 17. Jahrhundert UNESCO-Weltkulturerbe) sucht ohne Frage Ihresgleichen. Neben Bogotá ist Cartagena in den letzten Jahren, mein zweites kolumbianisches Zuhause geworden. Unsere Wohnung, im Stadteil La Boquilla liegt nur wenige (Auto- oder Bus-) Minuten von der Altstadt und einigen unserer Lieblingsplätzen entfernt, auf denen wir je nach Stimmungslage entspannende Ruhe genießen oder uns dem ganz speziellen Lärmgemisch…