• Erinnerungskultur,  Friedensprozess

    »Comisión de la Verdad« legt Endbericht vor

    Unter dem Mot­to »Hay Futu­ro si hay ver­dad« (»Es gibt eine Zukunft, wenn es Wahr­heit gibt«) hat die kolum­bia­ni­sche Wahr­heits­kom­mis­si­on am 28. Juni 2022 ihren Bericht über den bewaff­ne­ten Kon­flikt der Öffent­lich­keit vor­ge­legt. Die Prä­sen­ta­ti­on fand in Bogo­tá im »Tea­t­ro Jor­ge Elié­cer Gai­tán« im Bei­sein des frisch gewähl­ten aber zu die­sem Zeit­punkt noch nicht in sein Amt ein­ge­führ­ten Prä­si­den­ten Gustavo Petro statt, der den Bericht vom Vor­sit­zen­den der »Comison de Ver­dad« Fran­cis­co de la Roux in Emp­fang nahm. Der noch amtie­ren­de Prä­si­dent Ivan Duque demons­trier­te ein­mal mehr sein Des­in­ter­es­se am kolum­bia­ni­schen Frie­dens­pro­zess durch Abwesenheit. In fast vier­jäh­ri­ger Arbeit hat­te die Kom­mis­si­on sich der Auf­ga­be gewid­met, die Wahr­heit bzw. die Wahr­hei­ten…

  • Friedensprozess,  Geschichte

    »Cambio Histórico«

    »Cam­bio His­tóri­co« titel­te die kolum­bia­ni­sche Tages­zei­tung »El Espec­ta­dor« am 20. Juni 2022, am Tag nach der Wahl von Gustavo Petro zum neu­en Prä­si­den­ten des Lan­des. Und in der Tat scheint die­se Bewer­tung nicht zu hoch gegrif­fen zu sein. Denn es ist das ers­te Mal, dass in Kolum­bi­en ein expli­zit lin­ker Kan­di­dat, der nicht aus den Rei­hen der tra­di­tio­nel­len Eli­ten des Lan­des stammt, in das höchs­te Staats­amt gewählt wurde. Nach der ers­ten Run­de der Wah­len am 29. Mai war es durch­aus zwei­fel­haft, ob Petro es tat­säch­lich schaf­fen wird. Denn über­ra­schen­der­wei­se hat­te es nicht der rechts­ge­rich­te­te Kan­di­dat, Feder­i­co Gut­iérrez, in die Stich­wahl mit Petro geschafft, son­dern der unab­hän­gi­ge Kan­di­dat Rodol­fo Hernán­dez. Und…

  • Friedensprozess

    IStGH zwingt Regierung Duque zur Unterstützung der JEP

    Am 28. Okto­ber ver­kün­de­te der Chef­an­klä­ger des Inter­na­tio­na­len Straf­ge­richts­hofs (IStGH) in Den Haag, Karim A. Khan, die Ein­stel­lung der im Jah­re 2004 gegen die dama­li­ge Regie­rung Uri­be auf­ge­nom­me­nen Vor­er­mitt­lun­gen zu den Men­schen­rechts­ver­let­zun­gen in Kolum­bi­en. Die Ein­stel­lung ist aller­dings an eine »nie dage­we­se­ne Gegen­leis­tung« ver­bun­den, wie es der in Göt­tin­gen leh­ren­de und in Bogo­tá als Bera­ter der JEP (Juris­dic­ción para la Paz) täti­ge Völ­kerr­rechts­pro­fes­sor Kai Ambos formulierte. Die Regie­rung Duque, die bis­her alles getan hat, um den kolum­bia­ni­schen Frie­dens­pro­zess und die Arbeit der JEP zu behin­dern muss­te sich zur Unter­stüt­zung und einer engen Zusam­men­ar­beit mit der JEP ver­pflich­ten. Damit die­se Ver­pflich­tung nicht nur ein Lip­pen­be­kent­niss bleibt, muss­te sich Duque zur Bereit­stel­lung…

  • Friedensprozess,  Gesellschaft,  Gewalt

    Paro Nacional: Schusswaffen gegen Demonstranten

    »Unter­stüt­zen wir das Recht der Sol­da­ten und Poli­zei, ihre Waf­fen zu benut­zen, um ihre Inte­gri­tät zu ver­tei­di­gen und um Men­schen und Eigen­tum zu schüt­zen …«. Mit die­sem Tweet — der mitt­ler­wei­le gelöscht wur­de — hat Alva­ro Uri­be, Exprä­si­dent und ultra­rech­ter Scharf­ma­cher des »Cen­tro Demo­cra­ti­co« gehö­rig Öl in die Flam­men deŕ Aus­ein­an­der­set­zun­gen um den natio­na­len Streik vom Mitt­woch ver­gan­ge­ner Woche, dem 28. April 2021, gegos­sen. Und die­se Flam­men loder­ten hoch. Am 28. April sind Tau­sen­de von Kolum­bia­nern in allen Städ­ten des Lan­des auf die Stra­ße gegan­gen, um gegen eine von der Regie­rung Duque geplan­te Steu­er­re­form zu pro­tes­tie­ren. Eine Steu­er­re­form, die vor allem die­je­ni­gen Berei­che betrifft, denen sich — wie die Mehr­wert­steu­er auf…

  • Erinnerungskultur,  Friedensprozess,  Gewalt

    Der Gewaltkonflikt in Kolumbien
    im Spannungsfeld der Erinnerungskulturen

    »Die Erin­ne­rung ist ein Kampf­feld, auf dem sich ent­schei­det, wel­che Sicht­wei­se der Ver­gan­gen­heit vor­herr­schen soll, in Funk­ti­on einer Zukunft, zu der man gelan­gen will. Aber die Erin­ne­rung wird unter asym­me­tri­schen Bedin­gun­gen kon­stru­iert. Das heißt, nicht alle Erin­ne­run­gen haben unter glei­chen Bedin­gun­gen Zugang zur poli­ti­schen Sze­ne. Indi­ge­ne und Bau­ern sind nicht in gleich­wer­ti­gen Posi­tio­nen wie die Eli­ten. Die Opfer ver­fü­gen nicht über die glei­chen Mit­tel, ihre Wahr­heit zu sagen, wie die Täter.« (Gon­za­lo San­chez et al.: Tru­ji­l­lo una tra­ge­dia que no cesa. Pri­mer Infor­me de Memo­ria His­tóri­ca de la Comi­sión Nacio­nal de Repa­ra­ción y Recon­ci­li­a­ción, Bogo­tá 2008: 25) Die Auf­ar­bei­tung der kon­flikt­rei­chen Ver­gan­gen­heit in Kolum­bi­en ist zen­tra­ler Teil eines kom­ple­xen Trans­for­ma­ti­ons­pro­zes­ses, in…

  • Friedensprozess,  Gesellschaft

    Sozialaktivisten in Kolumbien der
    »Rebellion gegen den Staat« beschuldigt

    Am sel­ben Tag, an dem die UN-Hoch­kom­mis­sa­rin für Men­schen­rech­te in einer Pres­se­mit­tei­lung die kolum­bia­ni­sche Regie­rung mit Nach­druck dazu auf­ge­for­dert hat, end­lich kon­kre­te Maß­nah­men gegen die mas­si­ven Men­schen­rechts­ver­let­zun­gen gegen­über Bau­ern, Indi­ge­nen und Ange­hö­ri­gen der afro­ko­lum­bia­ni­schen Min­der­heit zu ergrei­fen, zeigt der Staat eine Reak­ti­on, die welt­weit Befrem­den und Ent­set­zen aus­ge­löst hat. Anstatt die Aktivist*innen der sozia­len Bewe­gun­gen, gegen die Über­grif­fe von para­mi­li­tä­ri­schen Kräf­ten und bezahl­ten Kil­ler­kom­man­dos bes­ser zu schüt­zen, wur­de ges­tern mit einer koor­di­nier­ten Akti­on zur Ver­haf­tung eini­ger ihrer Anfüh­rer begon­nen. Besorgt fra­gen sich inter­na­tio­na­le Men­schen­rechts­be­ob­ach­ter, ob dies nun der Auf­takt zu einer staat­li­chen Ver­fol­gungs­kam­pa­gne gegen­über oppo­si­tio­nel­len Kräf­ten ist, die von der rechts-kon­ser­va­ti­ven Regie­rung Duque kri­mi­na­li­siert wer­den, in dem ihnen “Rebel­li­on gegen den…

  • Friedensprozess,  Gesellschaft

    »Reichstagsbrand« in Bogotá?

    Die dra­ma­ti­sche — selbst aus dem Welt­raum wohl les­ba­re — auf eine Mau­er in Medel­lin gemal­te Bot­schaft »Nos estan mat­an­do« (»Sie brin­gen uns um«) ist ein ver­zwei­fel­ter Hil­fe­ruf und hat die Welt­öf­fent­lich­keit — zumin­dest die­je­ni­ge, die die Ereig­nis­se in Kolum­bi­en beob­ach­tet — auf­ge­schreckt. Und in der Tat könn­te eini­ges dar­auf hin­deu­ten, dass wir gegen­wär­tig Zeu­gen des Beginns einer von rechts­ra­di­ka­len Krei­sen initi­ier­ten Hexen­jagd sind, die auf lin­ke und links-libe­ra­le Kräf­te, auf Umwelt- und Men­schen­rechts­ak­ti­vis­ten, auf Unter­stüt­zer des Frie­dens­ab­kom­mens von 2016 sowie auf Ange­hö­ri­ge von Min­der­hei­ten wie bespiels­wei­se der LGTBI zielt. Was ist gesche­hen? Nach der Tötung eines Rechts­an­wal­tes im Poli­zei­ge­wahr­sam hat­te es mas­si­ve Pro­tes­te in Bogo­tá gegen Poli­zei­ge­walt gege­ben. Es kam…

  • Gesellschaft,  Gewalt

    Basta Ya! Proteste gegen die Tötungen in Kolumbien

    Eine Rei­he von Mas­sa­kern, vor allem an jugend­li­chen Kolum­bia­nern, hat in den ver­gan­ge­nen Tagen die Öffent­lich­keit nicht nur in Kolum­bi­en scho­ckiert und alar­miert. Zusam­men mit den in die­sem Jahr ermor­de­ten Men­schen­rechts- und Umwelt-Akti­vis­ten hat das Land bereits über 200 Opfer geziel­ter Tötun­gen zu beklagen. Als Mani­fes­ta­ti­on der Trau­er und des Pro­tes­tes, und um zu demons­trie­ren, dass die inter­na­tio­na­le Zivil­ge­sell­schaft die Vor­komm­nis­se in Kolum­bi­en sehr sorg­fäl­tig und mit gro­ßer Sor­ge beob­ach­tet, fan­den am Frei­tag und am Sams­tag letz­ter Woche in meh­re­ren Städ­ten Deutsch­lands Soli­da­ri­täts­ak­tio­nen statt. In Ber­lin und in Frank­furt vor der kolum­bia­ni­schen Bot­schaft bzw. dem Kon­su­lat, in Bonn auf dem Platz der Ver­ein­ten Natio­nen vor dem UN-Gebäude.  Im Zen­trum der Akti­on in…

  • Gewalt,  Landschaften und Orte

    Jenseits der Pandemie leidet Chocó

    Aus dem Chocó kom­men erneut schlim­me Nach­rich­ten. Über Ursu­la Holz­pa­fel und Ulrich Kol­witz, die seit über drei­ßig Jah­ren zusam­men mit der Diö­ze­se in Quib­dó in der »Comi­sión Dio­ce­sa­na Vida, Jus­ti­cia y Paz« in der Men­schen­rechts­ar­beit aktiv sind und mit denen wir von WISSENSKULTUREN seit vie­len Jah­ren eng ver­bun­den sind, erreicht uns ein besorg­nis­er­re­gen­der Bericht. In einem gemein­sa­men Auf­ruf von afro­ko­lum­bia­ni­schen und indi­ge­nen Orga­ni­sa­tio­nen, des »Con­se­jo Comu­ni­ta­rio Mayor de la Aso­cia­ción Cam­pe­si­na Inte­gral del Atra­to – COCOMACIA«, dem »Mesa Indí­ge­na del Chocó«, dem »Foro Inte­rét­ni­co Soli­da­ri­dad Chocó«, dem »Red Depart­a­men­tal de Muje­res Cho­co­a­nas« und dem »Mesa Ter­ri­to­ri­al de Garan­tí­as Chocó« wird auf die alar­mie­ren­de Zunah­me der Ver­let­zung der indi­vi­du­el­len und kol­lek­ti­ven…

  • Gewalt,  Landschaften und Orte

    Alarmierende Lage am Amazonas

    »Die Situa­ti­on im Ama­zo­nas­ge­biet und sei­ner Haupt­stadt Leti­cia (mit ca. vier­zig­tau­send Ein­woh­nern, meist indi­ge­nen Ursprungs) ist alar­mie­rend« schreibt die kolum­bia­ni­sche Wochen­zeit­schrift »Sema­na« in ihrer neu­es­ten Aus­ga­be vom 10. Mai 2020. In weni­ger als einem Monat hat es eine vier­fa­che Stei­ge­rung der Infek­tio­nen mit COVID-19 gege­ben und ist damit eine der höchs­ten in ganz Kolum­bi­en, höher als in der 10 Mil­lio­nen-Metro­po­le Bogo­tá. Wie ist das mög­lich in einem so abge­le­ge­nen und schwer zugäng­li­chen Gebiet, das auf dem Land­weg über­haupt nicht zu errei­chen ist, son­dern nur mit dem Flug­zeug oder auf dem Was­ser? Fach­leu­te — so SEMANA — ver­wei­sen auf die Nähe zur bra­si­lia­ni­schen Grenz­stadt Taba­tin­ga (fünf­zig­tau­send Ein­woh­ner), die eben­so wie Mana­os…