Blutiger Wahlkampf in Kolumbien
Voller Entsetzen haben wir die Ankündigung der »Águilas Negras» — neben dem »Clan del Golfe« eine weitere paramilitärische Gruppe in Kolumbien — gelesen, mit der das Gebiet der »Embera Chami«, einem indigenen Volke im Departamento Caldas, zur militärischen Operationszone der Paramilitärs erklärt wird, in der alle Mitglieder, Unterstützer und potenzielle Wähler des linken Kandidaten Petro bei den Präsidenschaftswahlen, der ja — so wird behauptet — dem Kommunismus die Tür öffnen wird, was die Àguilas Negras aber zu verhindern wissen, »zum Tode verurteilt« werden. Einige Personen, Abgeordnete der politischen Vertretung der Indigenen im Kongress, Leitende Persönlichkeiten der indigenen Dachorganisation im Caldas, sowie alle Angehörigen der COMUNES [das ist die politische Partei, in der sich ehemalige FARC- Kombattanten organisiert haben] werden namentlich als »militärische Ziele« der Paramilitärs genannt.
Wir vom Verein Wissenskulturen sind nicht nur aus grundsätzlichen menschenrechtspolitischen Erwägungen entsetzt, sondern auch persönlich berührt, weil wir gerade dabei sind mit dem Kollektiv COLPAZ und Unterstützung des Amtes für Internationales und Nachhaltigkeit der Stadt Bonn, einen Antrag für ein Projekt vorzubereiten, wo wir mit exakt dieser indigenen Gruppe zusammenarbeiten wollen beim Aufbau einer ethnoedukativen Schule in deren Gebiet. Auch unsere Kontaktperson für dieses Projekt bei den Embera Chami wird namentlich als »militärisches Ziel« der Paramilitärs genannt.
Der Wahlkampf in Kolumbien (die Präsidentschaftswahlen sind am 29. Mai) wird immer brutaler. Nach den glücklicherweise noch rechtzeitig aufgedeckten Attentatsplänen auf Petro, dem von den Paramilitärs mit Waffengewalt erzwungenen sogenannten »bewaffneten Streik« (Paro armado) (s. TAZ vom 11. Mai), werden nun auch die Unterstützer und potenziellen Wähler von Petro mit Waffengewalt unter Druck gesetzt. Unter solchen Umständen kann von »freien Wahlen« nicht mehr die Rede sein. Wer das in diesem Brief an die »Comisión Interamericana de Derechos Humanos (CIDH)« abgedruckte Flugblatt der Àguilas Negras auf Spanisch lesen kann, wird ebenso wie wir fassungslos sein, über den Hass, die Gewalt, den unverholenen aggressiven Rassismus gegenüber den Indigenen. Dies zu übersetzen, sträubt sich in einem alles.
Uns liegen Berichte aus den Gebieten Buenaventura, Montes de Maria und Guajira vor, dass dort der »Paro armado« andauert. Die Bewohner der Ortschaften leben immer noch wie unter einer Ausgangssperre. Sie dürfen tagsüber nur an bestimmte Orte und zu bestimmten Arbeitenlassen gehen, aber nach 17 oder 18 Uhr darf niemand mehr ausgehen. Es steht zu befürchten, dass es so bis zu den Wahlen weitergehen wird. Sie werden die Leute nicht wählen gehen lassen. Und die Regierung Duque schaut zu.
Der hier verlinkte offene Brief (bisher nur auf Spanisch) ist an die »Comisión Interamericana de Derechos Humanos (CIDH)« adressiert, aber wir würden uns freuen, wenn diese Geschehnisse möglichst rasch verbreitet werden, damit die Welt weiß, wie es in Kolumbien — Mitglied der OECD und NATO (globaler Partner) — bei den Wahlen zugeht. Denn die kolumbianische Regierung unter Iván Duque schweigt und unternimmt nichts.