Gesellschaft
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Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare
Eine “historische Entscheidung mit sechs zu zwei Stimmen” nennt die kolumbianiche Zeitung “El Espectador” die gestern vom Verfassungsgericht getroffene Entscheidung, mit der der Weg für das Recht einer Adoption von Kindern durch gleichgeschlechtliche Paare freigemacht wurde (El Espectador v. 5.11.2015: “Corte Constitucional da vía libre a la adopción por parte de parejas del mismo sexo”).. Das Gericht stellte klar, dass “die sexuelle Orientierung einer Person oder eines Paares kein Indikator ist für die sittliche, körperliche oder geistige Eignung zur Adoption von Kindern”. Mehr als sechs Monate hatte das Verfassungsgericht sich mit einer der schwierigsten und auch umstrittensten Fragen in seiner Geschichte befasst. Nachdem es in Kolumbien bereits seit 2007 eingetragene…
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Institutioneller GAU
Das Verhältnis der Kolumbianer zu ihren staatlichen Institutionen ist, vorsichtig formuliert, durch eine kritische Distanz geprägt. Von einem tiefen Misstrauen zu sprechen, träfe den Sachverhalt nicht minder. Eine Reihe von Korruptionsaffairen in den letzten Jahren und die Verwicklung von Angehörigen der Polizei und des Militärs, ja auch des Parlamentes in äußerst fragwürdige Ereignisse, haben dazu beigetragen. Was wir aber nun hier erleben, ist eine Art institutioneller Super-GAU. Jorge Pretelt Chaljub, ein “Magistrado” des “Corte Constitucional”, vergleichbar mit einem Richter beim Bundesverfassungsgericht in Deutschland, soll für die Beeinflussung eines Urteils zugunsten der Erdölfirma “Fidupetrol” finanzielle Vorteile erhalten oder verlangt haben oder dies zumindest nahegelegt haben. Er selbst bestreitet zwar alle Vorwürfe…
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Historischer Exkurs: Der Krieg der “Tausend Tage”
Im Jahr 1886 wurde die von einer liberalen Regierung erst 1863 verabschiedete föderative Verfassung zugunsten einer neuen zentralistischen Verfassung abgeschafft. Der konservative Staatspräsident Rafael Núñez (1884–1894) wollte damit den Einheitsstaat und die Vorherrschaft der katholischen Kirche insbesondere auf dem Gebiet der Erziehung und Bildung wiederherstellen. Die Liberalen in Kolumbien verstanden sich als Föderalisten während die Konservativen einen zentralistischen Staat anstrebten. Darüber hinaus betrachteten die Liberalen die Macht der katholischen Kirche als Hindernis bei der Modernisierung des Landes, während die Konservativen in ihr den Garant der moralischen Ordnung sahen. Die Verfassungsänderung 1886 verschärfte den politischen Konflikt zwischen dem Zentralregime und den Provinzen. Zwischen Liberalen und Konservativen entbrannte ein ausgedehnter Kampf um die…
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Historischer Exkurs: Der Streit zwischen Föderalismus
und ZentralismusIn den Anfängen der Unabhängigkeitsbestrebungen gab es 1810 eigentlich zwei Republiken auf dem Boden des Vizekönigreiches Neugranada: 1. Die “Republica de Cundinamarca” (zentralistisch unter Antonia Nariño) und die föderative Republik der “Provincias Unidas” (unter Camillo Torres). Seit 1812 standen sich beide Seiten in einem Bürgerkrieg gegenüber, der bis zur Einnahme von Bogotá durch die Truppen der Provincias Unidas unter Simon Bolivar (sic!) im Jahre 1814 dauerte. Gleichzeitig aber gab es auf dem Territorium von Neugranada einige Provinzen, die überhaupt keine republikanischen Ambitionen hatten, sondern am spanischen Regentschaftsrat (Consejo de Regencia) und später dann an Ferdinand II als ihrem König festhielten. Das waren u.a. Santa Marta, Popayan, Pasto). Bogotá fiel schon…
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Historischer Exkurs: Bolivars Staatstheorie
(Die folgenden Ausführungen stützen sich weitgehend auf Gerhard Mansur: Simon Bolivar und die Befreiung Südamerikas. Konstanz 1949, Südverlag, S. 333 ff, insbesonder aber S. 340 ff) Man muss bedenken, dass zu der Zeit, in der Bolivar seine demokratische und republikanische Staatsauffassung entwickelte, es außer den USA und Haiti keine Beispielse auf der Welt gab für ein derartiges Staatsgebilde. Deshalb ist es auch nicht verwunderlich, dass andere Freiheitskämpfer wie z.B. San Martin oder O’Higgins andere, eher an monarchistische Vorbilder orientierten. Bolivars hatte die Zusammenbrüche der ersten beiden Republiken, die ja nicht allein den militärischen Schlägen, sondern auch internen Streitigkeiten geschuldet waren, analysiert und gelernt. Nach der Ausrufung der dritten venezolanischen Republik 1818…
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Historischer Exkurs: Simon Bolivars “Gran Colombia” (1819 — 1830)
Am 12. Dezember 1819 wird im Kongress von Angustura die Vereinigung des Vizekönigreichs Neugranada und des Generalkapitanats Venezuela zur “Republica de Colombia” beschlossen (von Histroikern auch als “Großkolumbien” bezeichnet, um es von der ersten Republik Kolumbien (nach der Unabhängigkeit Neugranadas von Spanien im Jahre 1810 bis zur Reconquista durch die Spanier im Jahre 1816 und vom heutigen Staat Kolumbien, der im Grunde lediglich das Territorium von Neugranada umfasst, zu unterscheiden. Nach dem Zerfall von “Großkolumbien” im Jahre 1830 hieß Kolumbien zunächst “Republik Neugranada” . Ab 1861 dann “Republica de Colombia”.) Der Kongress von Angostura 1819 Bolivar war ja nicht nur Heerführer, sondern auch Präsident der (bis dato nur teilweise befreiten) Republik…
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Historischer Exkurs: Die Befreiung Neugranadas
Den Unabhängigkeitskampf und die darauffolgende Epoche der verschiedenen kolumbianischen Republiken, in der mal eine föderalistische und mal eine zentralistische Staatsform dominierte lässt sich spiegelstrichmäßig wie folgt darstellen: 1810 — Republica de Cundinamarca (zentralistisch unter Antonio Nariño, Sitz Bogotá) existiert neben und der Republik der Provincias Unidas (föderativ unter Camillo Torres, Sitz Tunja). Beide bestanden aber nur bis Reconquista der Spanier im Jahre 1816) 1819 — Republica de Colombia (“Gran Colombia”) nach dem Beschluss von Angostura 1819 mit einer auf Bolivar zugeschnittenen zentralistischen Staatsform 1830 — Republica de la Nueva Granada (1853 liberale Verfassungsreform nach dem Brügerkrieg 1851. Erneuter Bürgerkrieg 1854 ) 1858 — Confederación Granadina (föderative Struktur mit 8 Einzelstaaten und einem Zentralparlamen,…
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Historischer Exkurs: Bolivar und die Befreiung Venezuelas
Auch in Venezuela gab es die Auseinandersetzung zwischen Föderalsiten und Zentralisten, die allerdings anders als in Neu-Granada nicht zu einem Bürgerkrieg zwischen den rivalisierenden Republikanern führte. Stattdessen erhoben sich die Royalisten. Am 19. April 1810 wurde in Caracas Venezuela als unabhängige Nation ausgerufen. Die erste Republik war gegründet, ihr Führer war Francisco Miranda, der zusmmen mit Bolivar aus England, wo er sich mehrere Jahre im Exil befand, zurückgekehrt war. Die spanische Krone hatte jedoch nach wie vor viele Anhänger. Am 11. Juli gab es eine Demonstration in Caracas und am 13. Juli erhoben sich die Royalisten in Valencia. Der Aufstand wurde von Miranda niedergeschlagen. Bolivar nahm an der Expedition als…
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Historischer Exkurs: Vizekönigreich Neugranada
Das Vizekönigreich Neugranada (spanisch Virreinato de Nueva Granada) war ein spanisches Vizekönigreich in Südamerika, das die heutigen Staaten Venezuela, Kolumbien, Panama und Ecuador umfasste.[1] Außerdem erhob es Anspruch auf die vom Königreich England bzw. Königreich Großbritannien beherrschte Miskitoküste. Seine Hauptstadt war zunächst Cartagena de Indias und dann Santa Fé de Bogotá (heute Kolumbien), es war in Statthalterschaften untergliedert. Gegründet wurde das Vizekönigreich am 27. Mai 1717[2] unter dem Namen Virreinato de Santa Fé del Nuevo Reino de Granada. Nach der Auflösung 1723 wurde es 1739 unter dem Namen Virreinato de Nueva Granada erneut gegründet. 1768 wurde Venezuela eine eigenständige Provinz. Das Vizekönigreich wurde aus Teilen der bereits bestehenden spanischen Vizekönigreiche…