Der Frieden ist nicht tot!
Einige Medien in Deutschland — aber auch in Kolumbien — vermitteln den Eindruck, dass die FARC den bewaffneten Kampf wieder aufgenommen hat und das Friedensabkommen damit praktisch tot sei. (so z.B. ND vom 29.8.2019 oder America-21 . Diesem Eindruck muss ganz klar widersprochen werden. Es ist eine kleine Gruppe von Dissidenten, die den bewaffneten Kampf wieder aufgenommen hat, aber die FARC als politische Partei und mit ihr die überwiegenden Mehrheit aller Ex-Guerilleros stehen zum Friedensprozess.
Allerdings, und das ist das Traurige, sind unter den Dissidenten drei hochrangige ehemalige Kommandanten der FARC-EP. Unter ihnen sogar der Verhandlungsführer bei den Friedensgesprächen von Havanna Iván Márquez. Das macht die Sache außerordentlich kompliziert. Und natürlich — kurz vor den Wahlen zu den Regionalparlamenten im Oktober — macht diese Nachricht allewelt völlig konfus. Ich würde mich nicht wundern, wenn das Wasser auf die Mühlen der Gegener des Friedensabkommens ist. Und tatsaächlich hat Alvaro Uribe sich auch schon zu Wort gemeldet und die komplette Annulierung des Friedensabkommens gefordert. Präsident Duque sprach in einer Fernsehbotschaft von einer “eine Bande von Drogenhändlern und Terroristen, die den Schutz und die Unterstützung der Diktatur von (dem venezolanischen Präsidenten) Nicolás Maduro genießt”. Der Verteidigungsminister Venezuelas sah darin einen Vorwand, einen möglichen Krieg gegen Venezuela zu legitimieren.
Die Wiederbewaffnung eines Teils der Farc-EP wird in der öffentlichen Diskussion in Kolumbien von rechten Kreisen hochgespielt, um gleichzeitig die unheilvolle Wirkung der rechtsgerichteten Paramilitärs herunterzuspielen. In Wirklichkeit halten 90 Prozent der Ex-Guerilleros weiterhin am Friedensprozess fest, wie nicht nur die politische Partei FARC (»Fuerza Alternativa Revolucionaria del Común«) sondern auch kolumbianische Regierungsvertreter hervorheben.
Menschenrechtsorganisationen machten indes die Regierung Duque und vor allem das rechgerichtete »Centro Democratico« von Ex-Präsident Alvaro Uribe für die Wiederbewaffnung der FARC-Dissidenten verantwortlich. Sie hätten durch Verzögerung und Nichterfüllung der Vereinbarungen von Havanna eine große Verantwortung für die jetzige Situation zu tragen.
In einer Pressekonferenz der politischen Partei FARC (»Fuerza Alternativa Revolucionaria del Común«) wurde die Entscheidung von Iván Márquez und anderen Ex-Kommandanten scharf kritisiert. Es wurde bekräftigte, die Vereinbarungen von Havanna nach wie vor einzuhalten und mit Nachdruck und Entschlossenheit für die Umsetzung des Friedensprozesses einzutreten. Gleichzeitig wurde die Regierung aufgefordert, ihre Blockadehaltung aufzugeben und endlich den politischen Willen für eine zügige Umsetzung der Vereinbarungen von Havanna zu beweisen. Gegen Márquez, Santrich u.a. wird ein Parteiausschlussverfahren beantragt.
In der kolumbianischen Öffentlichkeit hat der Schritt der Exkommandanten enorme Irritationen aber auch eine neue Diskussionswelle über den Friedensprozess ausgelöst. Die Argumente reichen von »das war doch zu erwarten« bis zu dem Vorwurf an den Uribismo, einen Teil der FARC systematisch und vorsätzlich in den Krieg gedrängt zu haben.
Quellen:
- Der vollständige Text des von Iván Márquez verlesenen »Manifesto de las nuevas FARC-EP« .
- Eine deutsche Übersetzung gibt es auf der Website des Nachrichtenportals »America21« .
- Die Erklärung der politischen Partei »Fuerza Alternativa Revolucionaria del Común« (FARC).