• Friedensprozess,  Gesellschaft

    »Reichstagsbrand« in Bogotá?

    Die dra­ma­ti­sche — selbst aus dem Welt­raum wohl les­ba­re — auf eine Mau­er in Medel­lin gemal­te Bot­schaft »Nos estan mat­an­do« (»Sie brin­gen uns um«) ist ein ver­zwei­fel­ter Hil­fe­ruf und hat die Welt­öf­fent­lich­keit — zumin­dest die­je­ni­ge, die die Ereig­nis­se in Kolum­bi­en beob­ach­tet — auf­ge­schreckt. Und in der Tat könn­te eini­ges dar­auf hin­deu­ten, dass wir gegen­wär­tig Zeu­gen des Beginns einer von rechts­ra­di­ka­len Krei­sen initi­ier­ten Hexen­jagd sind, die auf lin­ke und links-libe­ra­le Kräf­te, auf Umwelt- und Men­schen­rechts­ak­ti­vis­ten, auf Unter­stüt­zer des Frie­dens­ab­kom­mens von 2016 sowie auf Ange­hö­ri­ge von Min­der­hei­ten wie bespiels­wei­se der LGTBI zielt. Was ist gesche­hen? Nach der Tötung eines Rechts­an­wal­tes im Poli­zei­ge­wahr­sam hat­te es mas­si­ve Pro­tes­te in Bogo­tá gegen Poli­zei­ge­walt gege­ben. Es kam…

  • Gewalt,  Landschaften und Orte

    Jenseits der Pandemie leidet Chocó

    Aus dem Chocó kom­men erneut schlim­me Nach­rich­ten. Über Ursu­la Holz­pa­fel und Ulrich Kol­witz, die seit über drei­ßig Jah­ren zusam­men mit der Diö­ze­se in Quib­dó in der »Comi­sión Dio­ce­sa­na Vida, Jus­ti­cia y Paz« in der Men­schen­rechts­ar­beit aktiv sind und mit denen wir von WISSENSKULTUREN seit vie­len Jah­ren eng ver­bun­den sind, erreicht uns ein besorg­nis­er­re­gen­der Bericht. In einem gemein­sa­men Auf­ruf von afro­ko­lum­bia­ni­schen und indi­ge­nen Orga­ni­sa­tio­nen, des »Con­se­jo Comu­ni­ta­rio Mayor de la Aso­cia­ción Cam­pe­si­na Inte­gral del Atra­to – COCOMACIA«, dem »Mesa Indí­ge­na del Chocó«, dem »Foro Inte­rét­ni­co Soli­da­ri­dad Chocó«, dem »Red Depart­a­men­tal de Muje­res Cho­co­a­nas« und dem »Mesa Ter­ri­to­ri­al de Garan­tí­as Chocó« wird auf die alar­mie­ren­de Zunah­me der Ver­let­zung der indi­vi­du­el­len und kol­lek­ti­ven…

  • Friedensprozess

    Bemerkungen zur Geschichte der Gewalt in Kolumbien

    Die Geschich­te der Gewalt, oder genau­er gesagt, der wie es scheint unhin­ter­frag­ten Durch­set­zung von Macht mit Hil­fe von Gewalt, beginnt bereits mit der Grün­dung des Staa­tes. Oder noch frü­her, mit der Aus­ru­fung der Unab­hän­gig­keit 1810. Gabri­el Gar­cía Már­quez spricht in sei­nem Erin­ne­rungs­buch “Vivir para con­tar­la” hin­sicht­lich der dort geschil­der­ten Ereig­nis­se der “Vio­len­cia” (1948 — 1953) von einem Bür­ger­krieg, “der uns seit der Unab­hän­gig­keit von Spa­ni­en beglei­tet hat­te und nun bereits die Uren­kel der ursprüng­li­chen Prot­ago­nis­ten ereil­te” (S. 344). Wie ich in mei­nen his­to­ri­schen Exkur­sen über die Unab­hän­gigs­keits­be­we­gung Neu­gra­na­das und den Aus­ein­an­der­set­zun­gen zwi­schen Zen­tra­lis­ten und Föde­ra­lis­ten noch wäh­rend der Geburt der Repu­blik zu zei­gen ver­sucht habe, wur­den die Mei­nungs­ver­schie­den­hei­ten über die…

  • Friedensprozess

    Tom Koenigs’ zweiter Bericht

    Der deut­sche Son­der­be­auf­trag­te für den Frie­dens­pro­zess in Kolum­bi­en, Tom Koe­nigs, hat sei­nen zwei­ten Bericht vor­ge­legt. Das, was ich an sei­nem ers­ten Bericht kri­ti­siert habe, näm­lich, dass Uner­wähnt­las­sen der para­mi­li­tä­ri­schen Akti­vi­tä­ten hat er nun dan­kens­wer­ter­wei­se nach­ge­holt. Und er hat es sehr gründ­lich getan, so dass sei­ner Ana­ly­se kaum etwas hin­zu­zu­fü­gen ist. “Die Nach­fol­ger des Para­mi­li­ta­ris­mus (NdP) ste­hen im kras­sen Wider­spruch zu allen Prot­ago­nis­ten (Gue­ril­la, Regie­rung, Zivil­ge­sell­schaft, Opfer usw.) und Inhal­ten (Land­wirt­schafts­re­form, Opfer­ent­schä­di­gung, Land­rück­ga­be, Ende der Dro­gen­wirt­schaft, Gerech­tig­keit, Nicht-Wie­der­ho­lung usw.) der Frie­dens­ver­trä­ge. Sie bedro­hen ihre Umset­zung akut. (…) Die Grup­pen selbst geben sich ent­we­der poli­ti­sie­rend euphe­mis­ti­sche Namen (z.B. mili­ci­as gai­ta­ni­s­tas unter Beru­fung auf den cha­ris­ma­ti­schen Volks­tri­bun der 1940 Jah­re Jor­ge Gai­tán) oder…

  • Friedensprozess

    Uribistas und Paramilitarismus verhindern den Friedensschluss

    Die Hoff­nung, die Frie­dens­ver­hand­lun­gen in Havan­na mit der Unter­zeich­nung des Ver­tra­ges am 23. März 2016 abzu­schlie­ßen haben sich lei­der vor­erst zer­schla­gen. Wor­an genau es geschei­tert ist, ist unklar, aber durch­ge­si­ckert ist, dass es die Hal­tung zu den rechts­ge­rich­te­ten para­mi­li­tä­ri­schen Ver­bän­den war, über die man sich nicht eini­gen konn­te. Das, was ich in eini­gen der vor­her­ge­hen­den Arti­kel beschrie­ben hat­te, näm­lich dass die Para­mi­li­tärs begon­nen haben, sich in Posi­ti­on zu brin­gen, um das durch den Rück­zug der FARC ent­ste­hen­de Macht­va­ku­um in bestimm­ten Regio­nen aus­zu­fül­len, ist selbst­ver­ständ­lich auch den Ver­hand­lungs­de­le­ga­tio­nen in Hava­na nicht ver­bor­gen geblie­ben. Die­se Ent­wick­lung steht in kras­sem Wider­spruch zu den Zie­len des Frie­dens­pro­zes­ses und bedroht die Hoff­nung aller Betei­lig­ten, v.a.…

  • Friedensprozess

    Tom Koenigs’ Schweigen

    Es ist eine para­do­xe Sitau­ti­on: Wäh­rend die Hoff­nung auf den Abschluss eines Frie­dens­ver­tra­ges zwi­schen der kolum­bia­ni­schen Regie­rung und der FARC gestie­gen und ein Frie­den tat­säch­lich in greif­ba­re Nähe gerückt ist, hat die Zahl der poli­tisch moti­vier­ten Mor­de in Kolum­bi­en  2015 zuge­nom­men. Wäh­rend bereits im Dezem­ber die Men­schen­rechts­kom­mis­si­on der UNO dar­auf auf­merk­sam gemacht hat, dass in Kolum­bi­en 2015 mehr Men­schen aus poli­ti­schen Moti­ven umge­bracht wur­den als im Jah­res­durch­schnitt der letz­ten zwan­zig Jah­re (UNHR: comu­ni­ca­do de pren­sa). In einer am 19. Novem­ber 2015 ver­öf­fent­lich­ten Pres­se­er­klä­rung macht der Hoch­kom­mis­sar der Ver­ein­ten Natio­nen für Flücht­lin­ge (UNHCR) dar­auf auf­merk­sam, dass er zwi­schen 1994 und 2015 ins­ge­samt 729 poli­ti­scher Mor­de in Kolum­bi­en ver­zeich­net hat, davon allein…

  • Friedensprozess

    So wird das nix! Aufflammende paramilitärische Gewalt
    könnte alles in Frage stellen

    Wie kann ein dau­er­haf­ter Frie­den in Kolum­bi­en aus­se­hen, wenn zwar die Regie­rung mit der FARC in Havan­na seit Jah­ren ver­han­delt, gleich­zeiitg aber den ter­ro­ris­ti­schen Aktio­nen rechts­ge­rich­ter Para­mi­li­tärs nichts ent­ge­gen­setzt wird? Die­se Fra­ge muss man sich heu­te, nach einer Serie äußerst besorg­nis­er­re­gen­der Vor­fäl­le, durch die allein im Novem­ber 2015 meh­re­re bekann­te Men­schen­rechts­ver­tre­ter  nicht  nur bedroht son­dern lei­der auch Opfer para­mi­li­är­i­scher Ter­ror­ak­te gewor­den sind, stel­len. Am 9. Okto­ber wur­de JOHN JAIRO RAMÍREZ OLAYA aus sei­nem Haus in Buen­a­ven­tura, der Hafen­stadt an der kolum­bia­ni­schen Pazi­fik­küs­te (Depart­a­men­ta Val­le de Cau­ca) von 10 Para­mi­li­tärs ent­führt und anschlie­ßend ermor­det. Weni­ge Tage spä­ter, am Nach­mit­tag des 13. Novem­ber wur­de der Umwelt- und Men­schen­rechts­ak­ti­vist DANIEL ABRIL, Mit­glied des…