• Gesellschaft

    Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare

    Eine “his­to­ri­sche Ent­schei­dung mit sechs zu zwei Stim­men” nennt die kolum­bia­ni­che Zei­tung “El Espec­ta­dor” die ges­tern vom Ver­fas­sungs­ge­richt getrof­fe­ne Ent­schei­dung, mit der der Weg für das Recht einer Adop­ti­on von Kin­dern durch gleich­ge­schlecht­li­che Paa­re frei­ge­macht wur­de (El Espec­ta­dor v. 5.11.2015: “Cor­te Con­sti­tu­cio­nal da vía lib­re a la adop­ción por par­te de pare­jas del mis­mo sexo”).. Das Gericht stell­te klar, dass “die sexu­el­le Ori­en­tie­rung einer Per­son oder eines Paa­res kein Indi­ka­tor ist für die sitt­li­che, kör­per­li­che oder geis­ti­ge Eig­nung zur Adop­ti­on von Kin­dern”. Mehr als sechs Mona­te hat­te das Ver­fas­sungs­ge­richt sich mit einer der schwie­rigs­ten und auch umstrit­tens­ten Fra­gen in sei­ner Geschich­te befasst. Nach­dem es in Kolum­bi­en bereits seit 2007 ein­ge­tra­ge­ne…

  • Friedensprozess

    Santos bietet bilaterale Waffenruhe an, verstärkt aber gleichzeitig die Militäroperationen

    Ob es sich ledig­lich um einen pro­pa­gan­dis­ti­schen Vor­stoß des Prä­si­den­ten im Kon­text der Ver­ein­ba­rung vom 23. Sep­tem­ber hand­le, oder um eine ernst zuneh­men­de Ankün­di­gung wird in den kolum­bia­ni­schen Medi­en kon­tro­vers dis­ku­tiert. Am 28. Okto­ber hat­te die kolum­bia­ni­sche Regie­rung erst­mals ihre Bereit­schaft zu einer beid­sei­ti­gen Waf­fen­ru­he erklärt. Prä­si­dent San­tos bot der FARC einen bila­te­ra­len und inter­na­tio­nal über­wach­ten Waf­fen­still­stand an, der am 1. Janu­ar 2016 in Kraft tre­ten könn­te (Sema­na v. 28.10.2015: “San­tos pro­po­ne cese bila­te­ral con las FARC des­de el pri­me­ro de ene­ro”). Aller­dings knüpf­te der Prä­si­dent die Waf­fen­ru­he an bestimm­te Bedin­gun­gen, wie bei­spiels­wei­se die Kon­zen­tra­ti­on aller FARC-Kämp­fer an einem bestimm­ten Ort, was bei der FARC zu Ver­wir­rung und Ableh­nung geführt…

  • Friedensprozess

    Vereinbarung in Havanna: Ende der Kämpfe im März 2016

    Am Mitt­woch, den 23. Sep­tem­ber wur­de in Havan­na die Unter­zeich­nung einer von Beob­ach­tern als “his­to­risch” bezeich­ne­ten Ver­ein­ba­rung zwi­schen der kolum­bia­ni­schen Regie­rung und der FARC bekannt­ge­ge­ben, in der die Been­di­gung aller Kämp­fe für spä­tes­tens März 2016 beschlos­sen wur­de. Mit der Unter­zeich­nung eines “Abkom­men über die Schaf­fung einer Son­der­ge­richts­bar­keit für den Frie­den”, in dem die wich­tigs­ten Rege­lun­gen für eine Straf­ver­fol­gung und Amnes­tie für die Betei­lig­ten am bewaff­ne­ten Kon­flikt fest­ge­legt ist, wur­de höchst­wahr­schein­lich ein ent­schei­den­der Grund­stein für einen Durch­bruch der Frie­dens­ver­hand­lun­gen gelegt. Gera­de die­se Fra­ge wie juris­tisch mit den Per­so­nen zu ver­fah­ren sei, denen Men­schen­rechts­ver­let­zun­gen ange­las­tet wer­den, war in den ver­gan­ge­nen Wochen und Mona­ten zu einem der wich­tigs­ten und umstrit­tens­ten Ver­hand­lungs­punk­te in Havan­na.…

  • Friedensprozess

    Regierung stellt Luftangriffe ein, plant aber Einschränkung der Grundrechte

    Am ver­gan­ge­nen Wochen­en­de hat die kolum­bia­ni­sche Regie­rung die Ein­stel­lung der Luft­an­grif­fe auf FARC-Stel­lun­gen ver­fügt. Damit löst sie ein in der gemein­sa­men Erklä­rung vom 12. Juli gege­be­nes Ver­spre­chen ein, die offen­si­ven mili­tä­ri­schen Aktio­nen gegen die FARC ein­zu­schrän­ken. Men­schen­rechts­ver­tre­ter begrü­ßen die­se Ent­schei­dung machen aber dar­auf auf­merk­sam, dass der vor zwei Wochen von einer Pro­jekt­grup­pe des Ver­tei­di­gungs­mi­nis­te­ri­ums, der Sicher­heits­be­hör­den und der Natio­nal­po­li­zei vor­ge­leg­te Ent­wurf zur Erneue­rung des Poli­zei­ge­set­zes im Wider­spruch zu den Zie­len des Frie­dens­pro­zes­ses steht. Der Ent­wurf regelt ver­schie­de­ne Punk­te hin­sicht­lich der Pri­vat­sphä­re von Indi­vi­du­en im Kon­text der neu­en Medi­en und sozia­len Netz­wer­ke bis hin zu Regeln für den öffent­li­chen Nah­ver­kehr. So soll bei­spiels­wei­se die prä­ven­ti­ve Ver­haf­tung von Per­so­nen, die durch “agres­si­ves…

  • Friedensprozess

    Wieder Bewegung im Friedensprozess

    Es gibt Anzei­chen dafür, dass die “kri­ti­sche Pha­se”, wie der Lei­ter der Regie­rungs­de­le­ga­ti­on bei den Frie­dens­ge­sprä­chen in Havan­na, Hum­ber­to de La Cal­le, am 6. Juli in einem Inter­view den gegen­wär­ti­gen Stand der Frie­dens­ver­hand­lun­gen bezeich­net hat­te, über­wun­den wer­den kann. Am 8. Juli hat­ten die FARC eine ein­sei­ti­ge Waf­fen­ru­he aus­ge­ru­fen und ihre Bereit­schaft zur Fort­set­zung des Frie­dens­pro­zes­ses erklärt. Sie reagier­ten damit auf den drin­gen­den Appell der bei­den Garan­tie­staa­ten des Frie­dens­pro­zes­ses, Nor­we­gen und Kuba, sowie Vene­zue­la und Chi­le, die den Pro­zess begleiten.  Die vier Län­der hat­ten am Vor­trag in einer gemein­sa­men Erklä­rung eine sofor­ti­ge Dees­ka­la­ti­on des Kon­flik­tes gefor­dert. Zugleich for­der­ten sie wei­te­re Schrit­te für ver­trau­ens­bil­den­de Maß­nah­men, die als Bedin­gun­gen für Eini­gun­gen bei den…

  • Friedensprozess

    Bellizisten auf beiden Seiten

    Als soll­te durch die Rea­li­tät bestä­tigt wer­den, wie berech­tigt die in mei­nem letz­ten Blog-Bei­trag über den “9. April und die Fah­ne des Regen­bo­gens” geäu­ßer­te Sor­ge der kolum­bia­ni­schen Bevöl­ke­rung ist, dass der seit zwei Jah­ren ein­ge­lei­te­te Frie­dens­pro­zess durch­aus nicht irrever­si­bel ist und die Bel­li­zis­ten auf bei­den Sei­ten nur dar­auf war­ten, dass etwas pas­siert, um ihn zu tor­pe­die­ren, erschüt­tert ein mili­tä­ri­scher Zwi­schen­fall nun das Land. Am Mitt­woch­mor­gen die­ser Woche hat ein Kom­man­do der FARC eine Patrouil­le der kolum­bia­ni­schen Strei­kräf­te im süd­west­lich der Haupt­stadt gele­ge­nen Depart­a­men­to Cau­ca ange­grif­fen und dabei 11 Sol­da­ten getö­tet und sieb­zehn wei­te­re ver­wun­det, vier von ihnen schwer. Erst vor weni­gen Mona­ten, im Dezem­ber 2014 hat­ten die FARC eine ein­sei­ti­ge…

  • Friedensprozess,  Persönliche Beobachtungen

    Der 9. April und die Fahne des Regenbogens

    Heu­te ist der 9. April. Die­ser Tag ist den Kolum­bia­nern ins natio­na­le Gedächt­nis als “Bogo­ta­zo” ein­ge­brannt. An die­sem Tag vor 67 Jah­ren wur­de Jor­ge Elié­cer Gai­tán, Hoff­nungs­trä­ger für einen sozia­len Wan­del und aus­sichts­rei­cher Prä­si­dent­schafts­kan­di­dat der Libe­ra­len Par­tei in Bogo­tá auf offe­ner Stra­ße ermor­det. Gai­táns Ein­tre­ten für eine Ver­bes­se­rung der mate­ri­el­len Lebens­be­din­gun­gen der armen Bevöl­ke­rung und sei­ner damit in Zusam­men­hang ste­hen­den anti-olig­ar­chi­schen Rhe­to­rik hat­ten ihm eine enor­me Popu­la­ri­tät in der ein­fa­chen Bevöl­ke­rung aber auch ein gro­ßes Miss­trau­en der soge­nann­ten Eli­te des Lan­des, der Bour­geoi­sie und der Lati­fun­di­stas, sowohl in der kon­ser­va­ti­ven als auch in sei­ner eige­nen Par­tei, den Libe­ra­len, ein­ge­bracht. Nie­mand zwei­fel­te dar­an, dass er die Wah­len gegen den kon­ser­va­ti­ven Amts­in­ha­ber…

  • Persönliche Beobachtungen

    Krankes Gesundheitssystem

    Wer mal einen Ein­blick in das kolum­bia­ni­sche Gesund­heits­sys­tem gewon­nen hat, möch­te hier lie­ber nicht krank wer­den. Wenigs­tens nicht, wenn er arm ist oder auf dem Lan­de weit ent­fernt von gro­ßen Städ­ten lebt. Dabei hat es in den letz­ten Jah­ren eine durch­aus posi­ti­ve Ent­wick­lung des Gesund­heits­sys­tem gege­ben. Her­vor­ra­gen­de Ärz­te gibt es hier schon seit Lan­gem, die medi­zi­ni­sche Aus­bil­dung ist auf einem hohen Niveau und hat auch inter­na­tio­nal einen sehr guten Ruf. Und mitt­ler­wei­le hat sich auch die medi­zi­ni­sche Ver­sor­gung der Gesell­schaft durch­aus posi­tiv ent­wi­ckelt. Alle kolum­bia­ni­schen Arbeit­neh­mer sind auto­ma­tisch im Kran­ken­ver­si­che­rungs­sys­tem pflicht­ver­si­chert. Die Orga­ni­sa­ti­on des über Bei­trä­ge von Arbeit­neh­mern und Arbeit­ge­bern sowie durch Steu­ern finan­zier­te Gesund­heits­sys­tem hat der Staat an pri­va­te…

  • Gesellschaft

    Institutioneller GAU

    Das Ver­hält­nis der Kolum­bia­ner zu ihren staat­li­chen Insti­tu­tio­nen ist, vor­sich­tig for­mu­liert, durch eine kri­ti­sche Distanz geprägt. Von einem tie­fen Miss­trau­en zu spre­chen, trä­fe den Sach­ver­halt nicht min­der. Eine Rei­he von Kor­rup­ti­ons­af­fai­ren in den letz­ten Jah­ren und die Ver­wick­lung von Ange­hö­ri­gen der Poli­zei und des Mili­tärs, ja auch des Par­la­men­tes in äußerst frag­wür­di­ge Ereig­nis­se, haben dazu bei­getra­gen. Was wir aber nun hier erle­ben, ist eine Art insti­tu­tio­nel­ler Super-GAU. Jor­ge Pre­telt Chal­jub, ein “Magis­tra­do” des “Cor­te Con­sti­tu­cio­nal”, ver­gleich­bar mit einem Rich­ter beim Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt in Deutsch­land, soll für die Beein­flus­sung eines Urteils zuguns­ten der Erd­öl­fir­ma “Fidu­pe­trol” finan­zi­el­le Vor­tei­le erhal­ten oder ver­langt haben oder dies zumin­dest nahe­ge­legt haben. Er selbst bestrei­tet zwar alle Vor­wür­fe…

  • Landschaften und Orte,  Persönliche Beobachtungen

    Cartagena

    Seit eini­gen Tagen sind Con­stan­za und ich in Car­ta­ge­na de Indi­as. Car­ta­ge­na wird — nicht nur von den Kolum­bia­nern — die “Per­le der Kari­bik” genannt, und das ist die­se Stadt in gewis­ser Hin­sicht auch zwei­fel­los. Die mit der seit Jahr­hun­der­ten exis­tie­ren­den Mau­er umge­be­ne Alt­stadt (sie ist seit 1984 samt den spa­ni­schen Ver­tei­di­gungs­an­la­gen aus dem 17. Jahr­hun­dert UNESCO-Welt­kul­tur­er­be) sucht ohne Fra­ge Ihres­glei­chen. Neben Bogo­tá ist Car­ta­ge­na in den letz­ten Jah­ren, mein zwei­tes kolum­bia­ni­sches Zuhau­se gewor­den. Unse­re Woh­nung, im Stadteil La Boquil­la liegt nur weni­ge (Auto- oder Bus-) Minu­ten von der Alt­stadt und eini­gen unse­rer Lieb­lings­plät­zen ent­fernt, auf denen wir je nach Stim­mungs­la­ge ent­span­nen­de Ruhe genie­ßen oder uns dem ganz spe­zi­el­len Lärm­ge­misch…