Caño Cristales
Schon lange war es unser Wunsch, einmal den legendären Caño Cristales zu besuchen. Aber jahrzehntelang war es Rückzugs- und Einflussgebiet der Guerilla und auch Schauplatz erbitterter militärischer Auseinandersetzungen. Demzufolge war es lange Zeit eine Art touristischer No-Go-Area. Erst seit dem Friedensbakommen zwischen der Regierung und der FARC-Geurilla im Jahr 2016 ist es wieder möglich, gefahrlos hierher zu reisen. Aber nach wie vor ist die starke Militärpräsenz unübersehbar, wie sich bereits bei unserer Ankunft auf dem kleinen Flugplatz von »La Macarena« zeigt.
Der Caño Cristales wird oft — und nicht nur von Kolumbianern — als der schönste Fluss der Welt angesehen. Wegen seiner Farbenvielfalt wird er als »Fünf-Farben-Fluss« oder auch als „Flüssiger Regenbogen“ bezeichnet. Die Farben stammen vom Pflanzenbewuchs auf dem Flussgrund und variieren zwischen Gelb, Grün, Blau, Schwarz und Rot. Spektakulär ist vor allem die in diesem Gebite endemische »Macarenia clavigera«, die dem Fluss von Juli bis November seine berühmte rote Farbe verleiht.
Der Caño Cristales liegt am Schnittpunkt dreier geografischer Regionen Kolumbines, dort wo der Amazonas-Regenwald mit der weiten Ebene der Llanos und der beginnenden Bergregion der Anden zusammentrifft. Diese Region ist von anderen Teilen Kolumbiens nur mit dem Flugzeug zu erreichen.
Unmittelbar nach unserer Ankunft in La Macarena, noch bevor wir zum Hotel fahren, müssen wir an einer Einführungsveranstaltung teilnehmen, in der wir auf die Einhaltung bestimmter Verhaltensregeln in dem Gebiet verpflichtet werden. So wurden wir u.a. darauf hingewiesen, dass Insektenspray und Sonnenschutzcreme sich zerstörerisch auf den Pflanzenwuchs im Fluss auswirken und deren Anwendung deshalb strikt untersagt wurde. Um uns vor der zu erwartenden stundenlagen Sonneneinwirkung während unserer Wanderung zum Caño Cristales zu schützen, mussten wir somit auf nicht-chemische Mittel zurückgreifen, und das bedeutet vor allem die Nutzung angemessener Kleidung.
Um von dem kleinen Ort La Macarena zum Cano Cristales zu gelangen, benötigten wir viele Stunden. Insgesamt waren wir über acht Stunden unterwegs. Zunächst fuhren wir eine ziemlich lange Strecke mit einem der Boote auf dem Rio Guayabero. Nachdem die Boote uns an Land gesetzt haben, setzen wir das nächste Stück auf nur sehr schwer zugänglichen Wegen mit einem Geländewagen zurück. Den letzten — aber mit Abstand längsten Teil des Weges — wanderten wir zu Fuß durch sehr unterschiedliches Gelände: steppenartiges Gelände mit geringem Baumbewuchs, fesliges Gelände, auf dem sich der beschwerliche Transport unserer Wandestiefel letztlich positiv auszeichnete und zum Schluss durch dichten Urwald.
Ohne Begleitung durch einheimische Führer wäre diese Wanderung selbstverständlich unmöglich. Man würde sich unweigerlich in der Vielfalt des Geländes und im Dickicht des Regenwaldes verlaufen. Seitdem La Macarena keine Bombenangriffe mehr fürchten muss, haben sich kleine lokal ansässige Reiseagenturen gebildet, die diese Aufgabe übernehmen. Da diese Organisationen auch ein elementares Interesse an der ökologischen Unversehrtheit des Gebietes haben, sind sie auch besonders aktiv, wenn es darum geht, Widerstand gegen die vor kurzem von der Regierung angekündigten großangelegten Erdölförderprojekte zu organisieren.
Kolumbien gilt als eines der primaten-reichsten Länder der Erde. Wir haben das Glück, einen mittlerweile seltenen und vom Aussterben bedrohten »Callicebus«, bzw einen »Mono-Titi«, wie er umgangssprachlich genannt wird, zu treffen. In Kolumbien wurden bisher 28 Arten des Callicebus gezählt mit insgesamt 30 weiteren Unterarten. Aber dies war nicht die einzige Begegnung mit der tropischen Fauna in diesem Gebiet.
Ich habe ein kurzes Video über unsere Expedition gedreht, das man sich hier ansehen kann: Video-Caño-Cristales.